Im Außendienst der pharmazeutischen Industrie zu arbeiten war noch nie schwieriger als heute.
Die Inhaber sind nicht zu erreichen oder sie sind maximal gestresst und wollen nichts von mir wissen.
Der Rest vom Apotheken-Team scheint auch am Anschlag zu sein und kämpft mit dem E-Rezept und ungeduldigen Patienten.
Die Stimmung war schonmal deutlich besser.
Also hole ich mir im Moment oft nur meinen Stempel und hoffe, dass ich zumindest über die Key Accounts wie den Versandhandel mit meinen OTC-Produkten die Umsätze halbwegs stabil halte. Das hat mir zum wiederholten Male einer von vielen Außendienstlern gesagt.
Sein Ziel ist es jedoch, die Apotheke vor Ort zu stärken, indem sie ihre Kunden nicht nur zufrieden stellt, sondern begeistert. Und zwar mit unseren Produkten und Dienstleistungen. Will aber gerade keiner, wirklich keiner hören.
Warum? Weil die mehr als am Anschlag sind.
Deswegen besucht er heute statt 8 Apotheken jeden Tag 12 Apotheken. Das macht es aber nicht besser. Im Gegenteil. 50% mehr Stress und negative Energie. Zumindest in seiner Wahrnehmung.
Dann war er in der Central-Apotheke Walldürn und hat etwas sehr Spannendes beobachtet. Irgendwas war ganz anders.
Er hat gefühlt, dass sie sich da noch mehr um die Patienten kümmern. Mag vielleicht ein wenig übertrieben klingen, aber er hat bestimmt 20 Minuten vorne im Handverkauf zugehört und die Menschen beobachtet, vor und hinter der Kasse.
Da sind ihm drei Dinge aufgefallen.
Erstens: Die Kunden sind mit ihrem ersten E-Rezept auf der Karte ziemlich verunsichert. Die haben teilweise sogar Angst, weil sie nicht wissen, wie das jetzt so wirklich funktionieren soll.
Zweitens: Die PTAs und die Apotheker:innen holen die Kundinnen auf gleicher Flughöhe ab, indem sie die Menschen abholen deren persönliche Belange in den Vordergrund stellen. Indem sie Ihnen zeigen, wie leicht es doch funktioniert und welche Vorteile die Kunden durch das E-Rezept und die Apotheke vor Ort haben.
Drittens: Irgendwie scheint das Betriebssystem nicht mehr ganz so schnell zu sein. Bei allen Anbietern. Das mag mehrere Gründe haben. Die Routine im Abverkauf hat sich sichtlich verändert. In den meisten Apotheken verhält es sich so, dass das pharmazeutische Personal nervös wird und sich das auf den Kunden überträgt. Das war bei uns ganz am Anfang auch so.
Mittlerweile ist das ganz anders.
Klar hat die “Verzögerung” beim E-Rezept-Check am Anfang maximal genervt. Der Kunde wusste nicht, wie ihm geschieht. Das pharmazeutische Personal hat in den Rechner geschaut, als wäre es Windows 95- Mit Modem versteht sich.
Aber das hat sich komplett umgeschlagen. Diese wenigen Sekunden, die dem pharmazeutischen Personal am Anfang wie eine Ewigkeit vorkommen, sind genau die Zeit, die Gold wert ist. Der Kunde kann nochmal abgeholt werden, es fallen ein paar persönliche Worte und ich habe festgestellt, dass hier noch Raum für Zusatzverkäufe bzw. Therapieoptimierungen ist. Die werden auch genutzt.
Der Außendienstler vom Anfang hat mehrere erfolgreiche Therapieergänzungen erlebt. Jedes Mal ein beeindruckender Schlussakt. Scheint auch gar nicht schwer zu fallen, wenn man die Kund:innen vorher richtig abholt. Wenn man ihnen wahrhaftig zuhört.
Das kann keine KI und das kann kein Versandhandel.
Es gab mal einen Werbespruch der Firma Swatch: Time is what you make of it.
Der Außendienstler hat sich nun folgendes vorgenommen:
Einfach noch persönlicher auf die Apotheke einzugehen. Viel besser und wahrhaftig zuzuhören. Gemeinsam mit der Apotheke erörtern, wie sie den Abverkauf nachhaltig und einfach stärken kann.
Time is what you make of it.
PS: Was machst DU, um den Umsatz zu steigern?